#BAYERN
DIE LAND­SCHAFT DER MÖNCHE
Wer sich über ei­nen be­stimm­ten Land­strich in­for­miert, stö­ßt schnell auf ei­nen Wer­be­text die­ser Art: «Aus­ge­dehn­te Laub­wäl­der, reiz­vol­le Bach­tä­ler, glit­zern­de Teich­ket­ten und im Wes­ten ma­le­risch ge­le­ge­ne Wein­ber­ge an den Steil­hän­gen ge­ben der ab­wechs­lungs­rei­chen Land­schaft ih­ren be­son­de­ren Reiz.» Im ers­ten Mo­ment mag das nach ei­nem Ur­laubs­ort für Gro­ß­el­tern klin­gen, aber tat­säch­lich be­schreibt es die Über­bleib­sel der Ar­beit je­ner Ge­ne­ra­tio­nen vor uns, die zu ih­rer Zeit Teich­ket­ten, Wein­ber­ge und vie­les mehr ge­baut ha­ben. In die­sem Fall wird der Ort Ebrach im Stei­ger­wald be­schrie­ben. Hier wa­ren die Zis­ter­zi­en­ser im Mit­tel­al­ter die Land­schafts­ge­stal­ter. Ih­re Spu­ren hat ein Pro­jekt des Land­krei­ses Bam­berg zu­sam­men mit dem Baye­ri­schen Lan­des­amt für Denk­mal­pfle­ge sicht­bar ge­macht.

#BAYERN
DAS PROJEKT

Auch Land­schaf­ten er­zäh­len Denk­mal­ge­schich­ten: Die Grö­ße und Form der Fel­der, die Ge­stalt der Dör­fer, Was­ser­läu­fe und Tei­che, ehe­ma­li­ge Wein­berg­ter­ras­sen, Müh­len und Spei­cher, Alt­stra­ßen und Wall­fahrts­we­ge mit ih­ren Bild­stö­cken und Ka­pel­len, Wirt­schafts­hö­fe, Ro­dungs­in­seln, Wäl­le und Däm­me ver­ra­ten uns viel über die frü­he­ren Her­ren und Be­woh­ner ei­ner Land­schaft. Die zis­ter­zi­en­si­sche Klos­ter­land­schaft ist ein eu­ro­päi­scher ‹Spe­zi­al­fall› ei­ner sol­chen his­to­ri­schen Kul­tur­land­schaft. Wir ha­ben uns auf Ent­de­ckungs­rei­se ge­macht und eu­ro­päi­sche Wis­sen­schaft­ler ver­netzt, Klos­ter­land­schaf­ten in Frank­reich, Deutsch­land, Ös­ter­reich und Tsche­chi­en in­ven­ta­ri­siert und ver­gli­chen und die Men­schen in den Land­schaf­ten neu­gie­rig ge­macht auf ihr ge­mein­sa­mes kul­tu­rel­les Er­be.

ZEIT­RAUM UND BE­TEI­LIG­TE__­Trä­ger des Kul­tur­er­be­jahr-Pro­jekts ‹Viel­falt in der Ein­heit – Zis­ter­zi­en­si­sche Klos­ter­land­schaf­ten in Mit­tel­eu­ro­pa› war der Land­kreis Bam­berg in Zu­sam­men­ar­beit mit dem Baye­ri­schen Lan­des­amt für Denk­mal­pfle­ge. Pro­jekt­be­tei­ligt wa­ren die Baye­ri­schen Klos­ter­stät­ten Ebrach und Wald­sas­sen mit den Land­krei­sen Bam­berg, Haß­ber­ge, Kit­zin­gen, Neu­stadt/Aisch, Schwein­furt und Tir­schen­reuth und den je­wei­li­gen lo­ka­len LEA­DER Ak­ti­ons­grup­pen (LAG). Das von Ok­to­ber 2017 bis No­vem­ber 2018 lau­fen­de Pro­jekt wur­de ge­för­dert durch die Be­auf­trag­te der Bun­des­re­gie­rung für Kul­tur und Me­di­en (BKM), das Baye­ri­sche Staats­mi­nis­te­ri­um für Er­näh­rung, Land­wirt­schaft und Fors­ten und den Eu­ro­päi­schen Land­wirt­schafts­fonds für die Ent­wick­lung des länd­li­chen Raums (ELER) so­wie das Baye­ri­sche Staats­mi­nis­te­ri­um für Wis­sen­schaft und Kunst.

AL­TERS­GRUP­PE__­ge­ne­ra­ti­ons­über­grei­fend

EU­RO­PÄI­SCHE DI­MEN­SI­ON__ Die Zis­ter­zi­en­ser wer­den oft als ‹ers­te Eu­ro­pä­er› be­zeich­net. Die Art und Wei­se, wie ih­re Klös­ter in Eu­ro­pa ver­bun­den wa­ren und kom­mu­ni­ziert ha­ben, um ein­heit­lich zu han­deln und sich ge­gen­sei­tig zu stär­ken, macht sie zu Weg­be­rei­tern ei­ner ‹eu­ro­päi­schen Iden­ti­tät›. Sie ha­ben uns mit den ein­heit­lich ge­präg­ten Klos­ter­land­schaf­ten ein ver­bin­den­des kul­tu­rel­les Er­be hin­ter­las­sen.

FA­ZIT__­Man schützt nur, was man kennt. Aber nicht je­der kann sich un­ter his­to­ri­scher Kul­tur­land­schaft et­was vor­stel­len. Die ‹Land­schaft le­sen ler­nen› ist da­her ei­ne span­nen­de Auf­ga­be. Wenn Bür­ge­rin­nen und Bür­ger so­wie Schü­le­rin­nen und Schü­ler vor Ort in die Er­for­schung ih­rer Um­ge­bung ein­ge­bun­den wer­den, wächst nicht nur das his­to­ri­sche Ver­ständ­nis, son­dern auch der Wunsch, die Zu­kunft der Re­gi­on ge­mein­sam zu ge­stal­ten. Und: Man sieht die Hei­mat mit neu­en Au­gen, wenn man sich auf Rei­sen in an­de­re zis­ter­zi­en­si­sche Klos­ter­land­schaf­ten Bay­erns, Deutsch­lands und Eu­ro­pas be­gibt. Noch ein Tipp: Im Er­wan­dern liegt der ers­te gro­ße Schritt, die Land­schaft vor der ei­ge­nen Haus­tür bes­ser ken­nen­zu­ler­nen.

RE­CHER­CHE-TIP­P__Je­der kann Kul­tur­land­schafts­ent­de­cker wer­den, zum Bei­spiel mit den Ide­en der Spa­zier­gangs­wis­sen­schaft. Wer hel­fen möch­te, die Kul­tur­land­schaft zu er­for­schen und die Klos­ter­land­schaft zu be­wah­ren, kann an öf­fent­li­chen Platt­for­men zur Er­fas­sung von Kul­tur­land­schaf­ten mit­ar­bei­ten: Mit­ma­chen ist hier aus­drück­lich er­wünscht: Kul­tur.Land­schaft.Di­gi­tal und das Kul­tur­land­schafts-Wi­ki oder re­gio­nal: LEA­DER-Ko­ope­ra­ti­ons­pro­jekt Er­fas­sung (his­to­ri­scher) Kul­tur­land­schaft.

FO­TO__­Die Luft­auf­nah­me der Gran­gie ist von Fo­to­gra­fie W. Rös­ner. Herz­li­chen Dank!





IN­HALT
Die Ab­tei Ebrach wur­de 1127 im Mitt­le­ren Ebrach­tal ge­grün­det. Sie ist das äl­tes­te rechts­rhei­ni­sche Klos­ter des Zis­ter­zi­en­ser­or­dens. Die ers­te Blü­te er­leb­te es un­ter Abt Adam im 12. Jahr­hun­dert, als Ebrach zu ei­nem der wohl­ha­bends­ten Klös­ter Fran­kens wur­de. Was der Or­den der Zis­ter­zi­en­ser da­mals ge­schaf­fen hat, prägt heu­te noch die Struk­tu­ren, Tra­di­tio­nen und die Land­schaft im Stei­ger­wald.

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WORUM GEHT'S?
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WARUM DER SCHUTZ?
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WAS SAGT DAS GESETZ?
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WIE FING ALLES AN?
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VERBREI­TUNG DER KLÖSTER
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WEITER­BILDUNG DER ÄBTE
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WAHL DES STAND­ORTS
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STANDORT EBRACH
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SPUREN LESEN
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DENKMAL UND GEGEN­WART
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DENKMAL UND ZUKUNFT

DAS WICHTIGSTE ZUERST:
Was ist eigentlich eine historische Kulturlandschaft?

Seit über 7000 Jah­ren ver­än­dert und ge­stal­tet der Mensch die Na­tur­land­schaft mit Acker­bau und Vieh­zucht. Da­durch wan­del­te er die Na­tur­land­schaft in ei­ne Kul­tur­land­schaft um. Die Ele­men­te der Kul­tur­land­schaft kön­nen Bau­wer­ke wie das Klos­ter Ebrach sein, aber auch Nut­zun­gen wie das Acker- und Grün­land oder Wald. In den ver­gan­ge­nen Jahr­hun­der­ten wur­de oft auf vor­ge­fun­de­nen his­to­ri­schen Be­stand­tei­len auf­ge­baut. Da­durch ver­än­der­ten sich die Kul­tur­land­schaf­ten, sie sind aber in ih­rer Grund­sub­stanz er­hal­ten ge­blie­ben.

JETZT DER HIN­TER­GRUND:
War­um wer­den his­to­ri­sche Kul­tur­land­schaf­ten ge­schützt?

Vie­le Kul­tur­land­schafts­ele­men­te – und meist auch ihr ge­wach­se­nes Ge­samt­ge­fü­ge – sind in­zwi­schen stark ge­fähr­det. Denn heu­te wer­den die his­to­ri­schen Ele­men­te meist kom­plett er­setzt und da­mit un­wie­der­bring­lich zer­stört. Auf die­se Wei­se ver­lie­ren Land­schaf­ten und Or­te ih­re Ge­schicht­lich­keit – und ih­ren be­son­de­ren Reiz. Seit ei­ni­ger Zeit setzt je­doch ei­ne Ge­gen­be­we­gung ein, um das Er­be der Kul­tur­land­schaft zu er­hal­ten. Dies, in­dem es im Na­tur­schutz, bei der Lan­des- und der Denk­mal­pfle­ge be­rück­sich­tigt wird. Das ge­lingt aber nur, wenn das kul­tu­rel­le Er­be in der heu­ti­gen Land­schaft er­forscht wird.

DIE JU­RIS­TI­SCHEN VOR­AUS­SET­ZUN­GEN:
Wel­che Ge­set­ze hel­fen beim Schutz der Kul­tur­land­schaft?

Die Er­hal­tung ei­ner Kul­tur­land­schaft setzt ein öf­fent­li­ches Grund­in­ter­es­se vor­aus. Bis­her gibt es in der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land zwar kein ei­ge­nes Ge­setz für den Schutz der Kul­tur­land­schaft, den­noch wird er für his­to­risch ge­wach­se­ne Kul­tur­land­schaf­ten auf un­ter­schied­li­chen Ebe­nen an­ge­strebt. 1992 be­schloss die UNESCO zum Bei­spiel, ne­ben Kul­tur- und Na­tur­ob­jek­ten auch Kul­tur­land­schaf­ten – wie das Rhein­tal zwi­schen Ko­blenz und Bin­gen – in das Welt­er­be auf­zu­neh­men. Gleich­zei­tig wer­den auch auf eu­ro­päi­scher Ebe­ne Richt­li­ni­en zum Schutz der Kul­tur­land­schaf­ten an­ge­strebt.

EIN EUROPÄISCHES BEISPIEL:
Welche Geschichte steckt hinter der Kulturlandschaft der Zisterzienser?

Bei kei­nem an­de­ren Or­den des Mit­tel­al­ters spiel­te die Wahl des Stand­or­tes des Klos­ters in der Land­schaft ei­ne so we­sent­li­che Rol­le wie bei den Zis­ter­zi­en­sern. Die Klös­ter der Zis­ter­zi­en­ser wur­den in vie­len Län­dern Eu­ro­pas im­mer nach dem glei­chen Prin­zip an­ge­legt: Sie soll­ten nicht in Städ­ten, be­fes­tig­ten Or­ten und Dör­fern er­baut wer­den, son­dern «in un­be­sie­del­ter La­ge.» Vor­bild war die La­ge von Cî­teaux, wo die ers­ten Mön­che bei ih­rer An­kunft ei­ne «von Men­schen ge­mie­de­ne und nur von wil­den Tie­ren be­wohn­te» so­wie von «dich­tem Wald und Ge­strüpp» be­stan­de­ne Ge­gend vor­fan­den.

DIE ENT­STE­HUNG DES NETZ­WERKS:
Wie ha­ben sich die Klös­ter und da­mit die Kul­tur­land­schaf­ten der Zis­ter­zi­en­ser ver­brei­tet?

Die Grund­idee der zis­ter­zi­en­si­schen Wirt­schaft be­ruh­te auf ei­ner mehr­fa­chen Netz­struk­tur. Um ein Klos­ter als Kern wur­den nach und nach Tochter­k­lös­ter ge­grün­det, die mit der Mut­ter­ab­tei und mit der Ab­tei in Cî­teaux im­mer ver­bun­den blie­ben. Je­des neu ge­grün­de­te Klos­ter konn­te sei­ner­seits wie­der Tochter­k­lös­ter er­rich­ten. Die­sen Vor­gang be­zeich­net man als Fi­lia­ti­on. Dar­über hin­aus war aber je­des Klos­ter wie­der­um der Kern ei­nes Wirt­schafts­ge­fü­ges, das sich auf das Land in sei­ner un­mit­tel­ba­ren Um­ge­bung er­streck­te.



WEITERBILDUNG IM MITTELALTER:
War­um wa­ren die Zis­ter­zi­en­ser so er­folg­rei­che Land­schafts­ge­stal­ter?
Je­des Jahr ha­ben sich die Äb­te ge­trof­fen, um ihr Fach­wis­sen aus­zu­tau­schen: Durch wel­che Teich­an­la­gen lässt sich der Fi­scher­trag ver­bes­sern? Wie funk­tio­niert die Be­wirt­schaf­tung des Wal­des be­son­ders gut? Wel­che Ge­trei­de­sor­ten sind viel­ver­spre­chend? Span­nend aus heu­ti­ger Sicht: Sprach­bar­rie­ren gab es für die Äb­te da­mals nicht, ob­wohl sie aus so vie­len ver­schie­de­nen Län­dern an­reis­ten. Sie al­le ha­ben La­tein ge­spro­chen, das war die ge­mein­sa­me eu­ro­päi­sche Spra­che.

DAS SO­ZI­AL­VER­HAL­TEN:
Wie ha­ben sich die Mön­che ge­gen­über ur­sprüng­li­chen Be­woh­nern ih­res ge­wähl­ten Stand­orts ver­hal­ten?

Um ih­re Gran­gi­en, das sind gro­ße Wirt­schafts­hö­fe, zu er­rich­ten und mit dem nö­ti­gen Land ver­se­hen zu kön­nen, zwan­gen die Zis­ter­zi­en­ser die Be­woh­ner von Dör­fern, die ih­nen zu nah er­schie­nen, zum Weg­zug. So hat sich das Klos­ter Ebrach die von den Grün­dungs­re­geln ver­ord­ne­te «Wüs­te­nei» zum Teil selbst ge­schaf­fen, in dem es Sied­lun­gen in der nä­he­ren Um­ge­bung wüst­leg­te.


DIE STAND­ORT­WAHL:
Wie leicht oder schwer war es für die Zisterzienser, einen idealen Standort zu finden?

Die Ver­pflich­tung zur Selbst­ver­sor­gung der Klos­ter­ge­mein­schaft führ­te da­zu, dass sich die Zis­ter­zi­en­ser in­ten­siv mit der land­wirt­schaft­li­chen Pro­duk­ti­on be­fass­ten. Ent­schei­dend wa­ren da­her flie­ßen­des Was­ser, so­wie Flä­chen für Acker­bau, Vieh­zucht und Wein­bau. Der er­for­der­li­che Wald war ent­we­der schon da oder ent­stand durch klös­ter­li­che In­itia­ti­ve. Au­ßer­dem wich­tig: gu­te Ver­kehrs­we­ge, nah­ge­le­ge­ne Märk­te und Städ­te, um die land­wirt­schaft­li­chen Pro­duk­te ver­kau­fen zu kön­nen. Und weil die­se Be­din­gun­gen über­haupt nicht leicht zu fin­den wa­ren, hat kein zwei­ter Or­den sei­ne Klös­ter kurz nach der Grün­dung so häu­fig ver­legt wie die­ser.

DIE ANSIEDLUNG IM STEIGERWALD:
War­um wur­de Ebrach als Stand­ort aus­ge­wählt?

Im Jahr 1127 fand der Ade­li­ge Ber­no ein idea­les Stück Land im wald­ge­säum­ten Tal­kes­sel der mitt­le­ren Ebrach im Stei­ger­wald: Es gab Was­ser zur Fisch­zucht und zum Bau von Müh­len. Au­ßer­dem gab es Wald. Und spä­tes­tens als die Mön­che das ers­te Mal über die Ge­birgs­kan­te nach Sü­den wan­der­ten, sa­hen sie, dass man hier Wein an­bau­en konn­te und Ge­trei­de. Ge­nau hier woll­ten sie das drit­te Zis­ter­zi­en­ser­klos­ter in Deutsch­land grün­den. Es gab nur ein Pro­blem: Die Ge­gend war nicht un­be­sie­delt.

DAS ER­FOR­SCHEN:
Wie wer­den his­to­ri­sche Kul­tur­land­schaf­ten er­forscht?
«His­to­ri­sche Kar­ten hel­fen uns zum Bei­spiel zu ver­ste­hen, wel­che Spu­ren der Mön­che auch heu­te noch in der Land­schaft zu se­hen sind. Um je­des Zis­ter­zi­en­ser­klos­ter in Eu­ro­pa las­sen sich ver­gleich­ba­re Struk­tu­ren und Land­schafts­ele­men­te er­ken­nen. Rund um das frän­ki­sche Ebrach gibt es vie­le der ty­pi­schen Er­ken­nungs­merk­ma­le: Teich­ket­ten, Mit­tel­wald, Ge­trei­de­fel­der, Wein­ber­ge und vor al­lem Hü­te­land­schaf­ten für die vie­len Scha­fe, die das Klos­ter be­saß.» Dr. Bir­git Kast­ner, Pro­jekt­lei­te­rin

SPUREN LESEN:
Welche Spuren findet man heute noch in der Landschaft?

Dank der hervorragenden Kenntnisse der Zisterzienser in Schafzucht, Weinbau und Waldbewirtschaftung entstanden im Laufe der Zeit umfangreiche Grundherrschaften mit einem ausgeklügelten System von Höfen, die sich wie Ringe um das jeweilige Kloster legten. Bis heute finden sich davon Spuren in der Landschaft rund um das fränkische Ebrach: historische Wege, alte Weinberge, Teichketten und Buchenwälder – und Bauwerke wie das Amtsschloss in Burgwindheim oder die ehemaligen Wirtschaftshöfe in Waldschwind oder Winkele.


DIE GE­GEN­WARTS­RE­LE­VANZ:
Was hat die­ses Denk­mal-Pro­jekt mit der Ge­gen­wart zu tun?

«Die Zis­ter­zi­en­ser hat­ten im Mit­tel­al­ter ho­he idea­le und stren­ge Re­geln, die sich in der Nut­zung und Be­wirt­schaf­tung der Land­schaft spie­geln. Re­for­ma­ti­on und Krie­ge ha­ben die Rol­le der Klös­ter ver­än­dert. Wäh­rend sich die Kul­tur­land­schaft frü­her aus re­li­giö­sen und macht­po­li­ti­schen Grün­den ver­än­der­te, sind es heu­te tech­ni­sche Ent­wick­lun­gen, die sie ge­fähr­den: Ver­kehrs­we­ge, Strom­tras­sen, Wind­parks oder Braun­koh­le­ta­ge­bau zum Bei­spiel. Hier ist es wich­tig, Zu­sam­men­hän­ge zu ver­ste­hen und ge­mein­sam Lö­sun­gen zu su­chen.» Dr. Bir­git Kast­ner, Pro­jekt­lei­te­rin

DIE HEU­TI­GE NUT­ZUNG:
Was brau­chen his­to­ri­sche Kul­tur­land­schaf­ten, um zu­kunfts­fä­hig zu wer­den?
«Die Zis­ter­zi­en­ser wa­ren in Tech­nik und Nach­hal­tig­keit so weit vorn, dass sie ver­mut­lich zu den Ers­ten ge­hört hät­ten, die auf So­lar­tech­nik ge­setzt hät­ten. Zu­kunfts­fä­hig­keit hei­ßt da­her nicht nur, die al­ten Zeit­zeug­nis­se zu be­wah­ren, son­dern auch zu über­le­gen: ‹Wie hät­ten die Men­schen da­mals mit un­se­ren Mög­lich­kei­ten ge­han­delt?› Auf die­se Wei­se kann man Na­tur­schutz, Tra­di­ti­on und wirt­schaft­li­che Wei­ter­ent­wick­lung ver­ein­ba­ren.» Si­mon Hotz, Land­wirt, ehe­ma­li­ge Gran­gie Wald­schwin­der Hof

WALDWIRTSCHAFT
«Die his­to­ri­sche Wald­nut­zung der Zis­ter­zi­en­ser war die Mit­tel­wald­wirt­schaft, ein Mi­schung aus al­ten und jün­ge­ren Bäu­men. Die ei­nen für Brenn­holz, die an­dern für Bau­holz. Im 17. Jahr­hun­dert lie­fer­te Ebrach so­gar das Holz für den hol­län­di­schen Schiffs­bau. Noch heu­te kann man se­hen, dass Zis­ter­zi­en­ser Laub­misch­wäl­der mit Ei­chen, Bu­chen und Ahorn be­vor­zug­ten. Oh­ne die Wald­wirt­schaft der Zis­ter­zi­en­ser gä­be es das aus­ge­dehn­te Wald­ge­biet des Stei­ger­walds nicht.» Da­ni­el Steu­er, Stellv. Forst­be­triebs­lei­ter, Baye­ri­sche Staats­fors­ten Ebrach

DER WALD HEUTE
«Haupt­säch­lich Bu­che ist hier ver­tre­ten, das war wäh­rend der Wal­dent­ste­hungs­ge­schich­te nicht im­mer so. Aber die Bu­che ist bei der jet­zi­gen Kli­ma-Si­tua­ti­on und auf die­sen Bö­den schon die Baum­art, die das Ren­nen macht. Die hat ei­nen Vor­sprung ge­gen­über der Ei­che und ge­gen­über an­de­ren Licht­baum­ar­ten, die auf die­sen schwer durch­wur­zel­ba­ren Bö­den, nicht un­be­dingt bes­ser ge­eig­net sind, aber be­tei­ligt sein soll­ten. Wenn man nichts tut, wird das ein rei­ner Bu­chen­wald, und des­halb muss man schau­en, dass man recht­zei­tig an­de­re Baum­ar­ten be­tei­ligt. Ei­che ich auf die­sen Bö­den ei­ne klas­si­sche Baum­art, die auch ur­sprüng­lich mal hier an­ge­sie­delt war.
Wir ar­bei­ten sehr viel mit Tan­ne, weil auch die Tan­ne die­se Bö­den recht gut durch­wur­zeln kann im Un­ter­schied zur Bu­che und im Un­ter­schied zu an­de­ren Na­del­baum­ar­ten.» Da­ni­el Steu­er, Stellv. Forst­be­triebs­lei­ter, Baye­ri­sche Staats­fors­ten Ebrach


ALTE FORSCHUNG
In der äl­te­ren For­schung wer­den die Zis­ter­zi­en­ser als der Or­den ti­tu­liert, der die meis­ten Wäl­der ge­ro­det hat. Sie folg­te da­bei Aus­sa­gen wie de­nen des Ebra­cher Ab­tes Söl­ner von 1738, wo­nach «die ver­eh­rungs­wür­di­gen Vor­fah­ren […] be­gan­nen die über­bor­den­den Wäl­der zu ro­den».


NEUE FOR­SCHUNG
Die jün­ge­re For­schung kann je­doch nach­wei­sen, dass vie­le Wäl­der um Zis­ter­zi­en­ser­k­lös­ter erst durch die Ab­sied­lung bäu­er­li­cher Sied­lun­gen ent­stan­den. Ein sol­ches Vor­ge­hen wird oft­mals da­mit be­grün­det, dass die Klös­ter die in den Or­dens­re­geln ge­for­der­te Ein­sam­keit durch Wie­der­be­wal­dung erst selbst ge­schaf­fen hät­ten. Wirt­schaft­lich sinn­voll war es au­ßer­dem, da sich aus Wäl­dern mit ge­rin­gem Auf­wand ho­he Ein­kom­men er­zie­len.

LANDWIRTSCHAFT
 Die Verpflichtung zur Selbstversorgung der Klostergemeinschaft führte dazu, dass sich die Zisterzienser intensiv mit der landwirtschaftlichen Produktion befassten. Immer dann, wenn vom Kloster selbst aus das Gebiet nicht mehr sinnvoll bewirtschaftet werden konnte, gründeten die Klöster etwas weiter entfernt liegende Gutshöfe, die meist von Konversen betrieben wurden. Dies waren die sogenannten Grangien.

GRANGIEN
Gran­gi­en bil­de­ten die ty­pi­sche Guts­form der Zis­ter­zi­en­ser und stell­ten dort von Lai­en­brü­dern, den so­ge­nann­ten Kon­ver­sen, be­wirt­schaf­te­te Gro­ßgü­ter dar. Die Kon­ver­sen lei­te­ten die Gran­gi­en. Ih­re Un­ter­ge­be­nen wa­ren Klos­ter­ge­sin­de und Lohn­ar­bei­ter. Sie selbst muss­ten wie­der­um dem Abt und Cel­lerar Re­chen­schaft ab­le­gen.


KLU­GES WIRT­SCHAF­TEN
Auch wenn sich die Be­nen­nung der Gran­gi­en aus dem La­tei­ni­schen von «gra­num» für Korn ab­lei­tet, so han­del­te es sich kei­nes­wegs nur um rei­ne Acker­bau­be­trie­be zum Ge­trei­de­an­bau.

WASSERWIRTSCHAFT
Gemäß ihrer Ordensregel errichteten die Zisterzienser ihre Klöster meist im Tal an wasserreichen Bachläufen oder an kleinen Flüssen. Dazu musste das Gelände oft terrassiert, Gewässerläufe verlegt und sumpfige Untergründe entwässert werden. Künstlich angelegte Weiher sicherten die Wasserversorgung in Trockenzeiten, wenn die Mittlere Ebrach wenig Wasser führte. Teiche, Gräben, Leitungen und Kanäle bzw. Stollen samt Stauvorrichtungen (Wehre, Dämme, Schütze) waren letztendlich Teil eines komplexen Systems, das der Regulierung des Wasserhaushaltes und der Wasserversorgung diente. Besondere Bedeutung nahmen der Hochwasserschutz und nicht zuletzt die Energieversorgung von Mühlen ein.

KANALSYSTEME
Sauberes Wasser war von großer Bedeutung für die Klosterwirtschaft sowie für rituelle Handlungen und die Hygiene. Der Trink- und Brauchwasserbedarf wurde aus Brunnen und gefassten Quellen, die oft außerhalb der Klostermauern lagen gedeckt; bisweilen auch von Bachläufen und Weihern. Nach antikem Vorbild wurden ausgeklügelte Kanal- und Rohrleitungssysteme angelegt, um Frischwasser in und das Abwasser aus dem Klosterkomplex zu leiten.


TEICHWIRTSCHAFT
Die selbst auferlegte Askese und nicht zuletzt das Fastengebot ließen sie vielerorts zu Spezialisten der Teichwirtschaft werden. Für die Fischzucht wurden bereits vorhandene Weiher genutzt oder Teiche in der Nähe der Klosteranlagen und in der weiteren Entfernung angelegt oder erworben. Der Karpfen als Leitfisch, aber auch Hechte, Barsche und andere Fischarten nahmen im klösterlichen Nahrungsangebot eine besondere Stellung ein. Forellen und Edelkrebse wurden in Fließgewässern und in speziellen Teichen gezüchtet.


WEINANBAU
Wein zu trinken war den asketischen frühen Zisterziensern eigentlich untersagt, aber es gab dennoch Gründe für ihre intensive Auseinandersetzung mit dem Weinbau. Wein war als Messwein für den Gottesdienst unverzichtbar, zudem wurden mit ihm Gäste verpflegt und Kranke versorgt und schließlich konnte er als Produkt der Eigenwirtschaft verkauft werden, um andere Waren, die nicht selbst erzeugt werden konnten, einzukaufen. Fast alle Klöster versuchten daher in nächster Nähe Weinberge zu erwerben oder neu anzulegen. Das gilt auch für Regionen, in denen es heute keinen Weinbau mehr gibt.

STANDORT-VORTEIL
Am Stei­ger­wald bie­tet der dich­te Wald­saum über den Hang­la­gen aus­rei­chend Schutz vor kal­ten Win­den und ab­glei­ten­der Kalt­luft. Doch oh­ne die stei­ni­gen Ke­u­per­plätt­chen wä­re ein Wein­bau am Stei­ger­wald je­doch kaum mög­lich. Denn durch die un­zäh­li­gen Ke­u­per­plätt­chen, die zu­sam­men ei­ne enor­me in­ne­re Ober­flä­che des Bo­dens bil­den, kann sich die­ser durch die Son­ne schnel­ler auf­hei­zen, die Wär­me spei­chern und in der Nacht wie­der an die Re­ben ab­strah­len.

 
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WAS SAGT DAS GESETZ?
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WIE FING ALLES AN?
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VERBREI­TUNG DER KLÖSTER
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WEITER­BILDUNG DER ÄBTE
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WAHL DES STAND­ORTS
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STANDORT EBRACH
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SPUREN LESEN
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DENKMAL UND GEGEN­WART
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DENKMAL UND ZUKUNFT
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Verantwortlicher im Sinne von §55 Abs. 2 RStV
Dr. Markus Harzenetter, Vorsitzender der VDL

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c/o Landesamt für Denkmalpflege Hessen
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Schloss Biebrich/Westflügel
65203 Wiesbaden

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PROJEKTIDEE UND REDAKTIONELLE BEGLEITUNG

UAG der VDL-Arbeitsgruppe Öffentlichkeitsarbeit
Dr. Katrin Bek, Dr. Irene Plein, Christiane Schick, Heike Schwalm

PROJEKT- UND TECHNIKKONZEPTION, REDAKTION, PROGRAMMIERUNG

tinkerbrain. Institut für Bildungsinititiativen GmbH

DIDAKTISCHES KONZEPT

Anke M. Leitzgen für tinkerbrain. Institut für Bildungsinititiativen GmbH

GRAPHIC NOVELS

Weglowinthedark. Animationsstudio für Kommunikation und bewegtes Wissen.

PROJEKTBETEILIGTE

Landesamt für Denkmalpflege Baden-Württemberg
Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege
Landesdenkmalamt Berlin
Brandenburgisches Landesamt für Denkmalpflege
Landesamt für Denkmalpflege Bremen
Denkmalschutzamt Hamburg
Landesamt für Denkmalpflege Hessen
Landesamt für Kultur und Denkmalpflege Mecklenburg-Vorpommern
Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege
LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland
LWL-Denkmalpflege, Landschafts- und Baukultur in Westfalen
Landesdenkmalamt Saarland
Landesamt für Denkmalpflege Sachsen
Landesamt für Denkmalpflege Schleswig-Holstein

PROJEKTFÖRDERUNG

Das Projekt wird im Rahmen des Europäischen Kulturerbejahres 2018 von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) gefördert.

Wir freuen uns über Ihr Interesse an dieser Website. Nachstehend informieren wir Sie ausführlich über den Umgang mit Ihren Daten. Wir weisen darauf hin, dass die Datenübertragung im Internet Sicherheitslücken aufweisen kann, etwa bei der Kommunikation per E-Mail. Ein lückenloser Schutz der Daten vor dem Zugriff durch Dritte ist nicht möglich.



Name und Anschrift des für die Verarbeitung Verantwortlichen

Vereinigung der Landesdenkmalpfleger (VDL)

c/o Landesamt für Denkmalpflege Hessen

Dr. Annika Tillmann

Schloß Biebrich/Westflügel

65203 Wiesbaden


Telefon: +49 611 6906 244

E-Mail: annika.tillmann@lfd-hessen.de


Jede betroffene Person kann sich jederzeit bei allen Fragen und Anregungen zum Datenschutz direkt an uns wenden.

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