DUNKLES ERBE: WIE BRINGEN NOT UND WUT DER BEVÖLKE­RUNG DIE NSDAP AN DIE MACHT?


INHALT
Viele Fotos und Filme sind aus der Zeit des NS-Regimes erhalten. Zahlreiche Bücher wurden geschrieben. Aber vor allem sind die Orte selbst, die inzwischen viel­fach als Gedenk­orte erhalten werden, wichtige Zeit­zeugnisse. Zum Beispiel werden Konzentrationslager, aber auch weniger bekannte Orte als Denk­mäler bewahrt, um befragt zu werden. Als stille Mahn­male rufen sie auf, über die Errungen­schaft der Demokratie nach­zu­denken und sich für sie ein­zu­setzen.

DUNKLES ERBE
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SCHWARZER FREITAG
WELT­WIRTSCHAFTS­KRISE UND FOL­GEN
x
HITLER BEREITET SICH VOR
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ERNEN­NUNG ZUM REICHS­KANZ­LER
HITLERS ZIELE
VERDECKTE KARTEN
x
DIE MARKETING­MASCHINE
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FA­SCHIS­TI­SCHE ARCHI­TEK­TUR
AUS­LÖSCHUNG DES JUDEN­TUMS
x
VERTREIBUNG AUS BERLIN
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OLYM­PISCHE SPIELE
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DIE NEUE REICHS­KANZLEI
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EIN AUTO FÜRS VOLK
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AUF­RÜS­TUNG
EROBERUN­GEN IM OSTEN
x
ÜBER­FALL AUF POLEN
EIN­DEUT­SCHUNG
GERMANI­SIE­RUNG UND AUS­BEU­TUNG
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VERTREIBUNG UND UMSIEDLUNG
WESTFELDZUG
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HITLER IN PARIS
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NEUE PLÄNE FÜR BERLIN
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ROTER GRANIT
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NATZWEILER-STRUTHOF
ZER­STÖ­RUNG DER SOWJET­UNION
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ERSTE ERFOLGE
CHURCHILL UND ROOSEVELT
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MOSKAU
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STALIN­GRAD
ALBERT SPEER RÜSTET AUF
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AUFRÜSTUNG UNTER TAGE
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LAN­DUNG DER ALLIIERTEN
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WACHSEN­DES CHAOS
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TODES­MARSCH
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ENDLICH FREI!
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RUINEN­FELDER
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NEUANFANG
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ZUKUNFT BAUEN
SCHWEIGEN
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GEDEN­KEN



Der 25. Oktober 1929 geht als Schwarzer Freitag in die Geschichte ein. Die Werte der Aktien sinken nahezu im Sturz­flug – es kommt zu einem ‹Börsen­krach›. Das Geld, das viele Menschen in Aktien und Wert­papieren angelegt haben, verliert plötz­lich seinen Wert. Die Krise breitet sich schnell welt­weit aus und betrifft vor allem die USA und Deutsch­land. In Deutsch­land gerät die Wirt­schaft in große Schwierig­keiten: Millionen Menschen werden arbeits­los und verlieren ihr Vermögen. Zahl­reiche Firmen gehen pleite, viele Banken gehen in Konkurs. Gleich­zeitig gewinnen die National­sozialisten immer mehr Rück­halt in der Bevölkerung. Von ihnen erhoffen sich die Menschen einen Ausweg aus dem Chaos und der Arbeits­losigkeit.

In den Jahren nach der Welt­wirtschafts­krise kann die National­sozialistische Arbeiter­partei NSDAP ihre Bedeutung nicht nur auf Regierungs­ebene weiter stärken. Ihre Anhänger bringen den politischen Macht­kampf auch auf die Straßen. Sie lassen den Unmut der Menschen über den verlorenen Ersten Welt­krieg und den Versailler Vertrag wieder auf­flammen. Dadurch schaffen sie die Grundlage für Adolf Hitlers Auf­stieg: Sie propagieren ihn als Rächer des deutschen Volkes.
Adolf Hitler nutzt die Zeit, um sich mit allen Mitteln des modernen Marketings auf die Macht­übernahme vorzubereiten. Dazu gehören natürlich auch starke Posen.

Hitler wird zum Reichskanzler ernannt. Am Abend des 30. Januar nimmt er am Fenster der Reichskanzlei den Jubel seiner Anhänger und Sympathi­santen entgegen.



Auch auf den Straßen wird gefeiert: Ein Fackel­zug zieht zu Ehren des neuen Reichs­kanzlers Adolf Hitler am Abend des 30. Januar 1933 durch die Wilhelm­straße in Berlin.

Die NS-Zeit kenn­zeichnete von Anfang an ein aus­geklügeltes Design: markige Haar­schnitte, ein­schüchternde Mäntel über den Uniformen, der Hitler-Gruß, ein neues Flaggen-Design und natür­lich große Gebäude, die die Macht und das Potenzial zur Welt­herrschaft untermauern sollten.

HITLERS ZIELE:
1. Aus­löschung des Juden­tums
2. Eroberun­gen im Osten
3. Zer­störung der Sowjet­union


Entgegen den Befürchtungen seiner Gegner bestimmen Hitlers Ziele die Politik des NS-Regimes nicht sofort offen­sichtlich.


Die Marketing­maschine läuft an: Von Joseph Goebbels erhält der Architekt Albert Speer den Auftrag, das Aufmarsch­gelände auf dem Tempel­hofer Feld für einen der ersten NS-Massen­aufmärsche am 1. Mai 1933 mög­lichst günstig und gleich­zeitig wirkungs­voll zu deko­rieren.

Das Wesens­merkmal der faschis­tischen Architektur von Speer: Insze­nierung von Macht und eine dekorative Gestaltung für Massen­auftritte.


Für Massen­auftritte werden immer wieder attraktive und große Plätze gefunden – wie hier für den NS-Auf­marsch 1935 in Münster.


Für den Reichs­partei­tag der NSDAP am 8. September 1936 erfindet Albert Speer den ‹Licht­dom›. Mit Flak-Schein­werfern inszeniert er über dem Zeppelin­feld und der Zeppelin­haupt­tribüne die Illusion eines großen Gebäudes.

1. AUS­LÖSCHUNG DES JUDEN­TUMS

Albert Speer erhält den Auf­trag, Berlin neu zu gestalten: Pompös und welt­städtisch soll es werden. Dafür lässt er jüdische Berliner und Berlinerinnen aus ihren Wohnungen vertreiben. In vielen Fällen werden sie in Konzen­trations­lager gebracht, die bereits ab 1933 existieren.






Gefangene müssen 1933 in der Nähe von Berlin im KZ Oranien­burg antreten.

Im Juli 1936 errichten die Faschisten nörd­lich von Oranien­burg das Konzentrations­lager Sachsen­hausen, das mit seinen über 50 Außen­lagern besonders während des Zweiten Welt­krieges die Rüstungs­betriebe Nord­deutsch­lands mit billigsten Arbeits­sklaven versorgt.

Für Hitler ist das ‹Welt­juden­tum› der Draht­zieher des Ersten Welt­kriegs gewesen, der Grund für die Niederlage und alle Nöte der Nach­kriegs­zeit. 



Die Olympischen Spiele kommen den National­sozialisten gerade recht: Sie sind ein wunder­bares Instru­ment, um ihre Partei im Aus­land gut aus­sehen zu lassen.


Die Stadt ist über und über mit Haken­kreuzen geschmückt: Nieman­dem kann auf der Pracht­straße ‹Unter den Linden› verborgen bleiben, wer hier der Gast­geber ist.









Sieger-Ehrung im Fünf­kampf mit Hitler­gruß.
Die Zuschauer grüßen zurück.

 Jesse Owens ist mit vier Gold­medaillen der erfolg­reichste Sportler der Olympiade.


Anfang 1938 wird mit Hoch­druck an der Voll­endung der Neuen Reichs­kanzlei ge­arbeitet, um sie recht­zeitig zum jähr­lichen Diplomaten­empfang am 7. Januar 1939 fertig­zustellen. Der gigantische Prunk­bau wird als Ergänzung der Alten Reichs­kanzlei geplant.



Blick in den Erweiterungs­bau der Reichs­kanzlei: die Marmor­galerie

Im größten Raum des Gebäudes lässt Hitler sein Arbeits­zimmer errichten.


Am 26. Mai 1938 wird in der Nähe von Fallers­leben der Grund­stein für das VW-Werk gelegt. Für die Fabrik wird die ‹Stadt des KdF-Wagens bei Fallers­leben› neu gegründet.





Werbung wirkt: Eine am Fluss­ufer spielende Familie mit dem KdF-Wagen, der später zum VW Käfer wird. Vorne ein trag­barer Röhren­empfänger, im Hinter­grund tuckert der Passagier­dampfer ‹Fürst O. Bismarck› entlang.

Die militärische Schwäche Deutsch­lands zwingt Hitler zunächst zur Vorsicht, was seine außen­politischen Ziele betrifft. Doch 1939 ist das Land so weit auf­gerüstet, dass er sein gestecktes Ziel ‹Eroberung von Lebens­raum im Osten› in Angriff nehmen kann.

Mit knapp 15.000 gebauten zwei­motorigen Maschinen ist die Ju-88-Produktion eines der größten Rüstungs­programme.

Auch die robuste Ju 52 wird im Krieg eingesetzt und bis Juli 1944 produziert. Sie ist Ambulanz­flugzeug und fliegendes Klassen­zimmer, als Lasten­segler-Schlepper und als Minen­such-Flug­zeug (Ju 52/3m(Ms)) unterwegs.











2. EROBE­RUNGEN IM OSTEN

Am 1. Septem­ber 1939 beginnt mit dem Über­fall auf Polen der Zweite Welt­krieg.

Hitler will eine «neue Ordnung der ethno­graphischen Verhältnisse» herbeiführen. Die neu eingegliederten Gebiete sollen ‹eingedeutscht› und die aus national­sozialistischer Sicht ‹fremd­völkischen› Polen «ermordet, deportiert [oder] versklavt» werden. Gemeint sind damit unter anderem Intelligenz, Adel und Juden.

In der Folge entwickeln die National­sozialisten zwei Ziele für das besetzte Gebiet: 1. wirtschaft­liche Ausbeutung 2. Germanisierung 

Das erste Ziel bedeutet die Ver­sklavung für die eigene Kriegs­wirtschaft und die völlige Aus­beutung der Ein­heimischen. Das zweite Ziel führt zu Ver­treibungen und Massen­mord.

Von der Vertreibung und Umsiedlung sind allein im Reichs­gau Warthe­land zwischen 1939 und 1944 rund 630.000 Menschen betroffen.





Zwischen 1939 und 1943 werden die Umsiedler unter dem Motto ‹Heim ins Reich› aus ihren nicht­deutschen Siedlungs­gebieten, in denen sie oft jedoch schon viele Generationen lang wohnen, in die eroberten Ost­gebiete um­gesiedelt. Im Lager gibt es Führer­bilder für die künftigen Wohnungen.
Auch Frank­reich wird Opfer von Hitlers Blitz­eroberungen. Nach nur vier Wochen kann das Land ein­genommen werden. Dieser West­feldzug spielt für den weiteren Verlauf des Krieges eine wesent­liche Rolle: Man weiß jetzt, dass der Bewegungs­krieg als Taktik funktioniert. Die Wehr­macht hat dadurch reich­lich Selbst­vertrauen für den späteren Über­fall auf die riesige Sowjet­union gesammelt.

Nach der Be­set­zung Frank­reichs durch die fa­schis­ti­sche deut­sche Wehr­macht im Juni 1940 be­sucht Adolf Hit­ler Paris. 


In allen besetzten Gebieten werden die dort lebenden Juden verfolgt.

Der ‹Juden­stern› oder auch ‹Gelber Stern› wird zuerst in den besetzten Gebieten in Polen 1939 eingeführt und dann auf Deutsch­land und andere besetzte Gebiete wie Frank­reich aus­geweitet.


Zwei Jahre später: Zu Beginn der Sommer­ferien 1942 verhaften über 4.000 französische Polizisten in einer Razzia ab den frühen Morgen­stunden 13.000 jüdische Männer, Frauen, Jugend­liche und Kinder. Sie handeln auf Veranlassung der NS-Behörden und internieren die Gefangenen im ‹Rafle du Vélodrome d’Hiver›, dem Sport­palast für Rad­rennen.


Hitler will nach dem Vor­bild des antiken Roms aus Berlin eine Reichs­hauptstadt für sein Welt­reich schaffen und verwendet dafür die Bezeichnung ‹Germania›. Am Schnitt­punkt der beiden geplanten breiten Ver­kehrs­achsen soll mit der Versammlungs­stätte der ‹Großen Halle› nörd­lich des Reichstags­gebäudes der größte Kuppel­bau der Welt entstehen.





Die Straße des 17. Juni wird für den Umbau Berlins zur ‹Welt­hauptstadt Germania› auf die heutige Breite von 85 Metern erweitert. Als Parade­straße erhält sie 1935 den offiziellen Namen Ost-West-Achse.

Damit keine Beleuch­tung die Stra­ße von oben über­spannt, werden neue Straßen­laternen entwickelt, für die Albert Speer die äu­ßere Hülle gestaltet.


Die Nord-Süd-Achse ist als 120 Meter breite Pracht­stra­ße geplant. Das sechs Ki­lo­­me­ter lan­ge Kern­stück der 40 Kilo­meter langen Straße soll von einem neuen Nord­bahnhof im Süd­­os­ten Moabits bis zu einem eben­falls neuen Süd­­bahn­hof in der Nähe des Bahn­hofs Süd­kreuz in Tempel­hof reichen.


In Berlin gibt es, wie über­all in Deutsch­land, viele Spuren aus der Zeit zwischen 1933 und 1945. Egal, ob es Industrie­bauten, Firmen­gebäude, Kirchen, Wohn­häuser, Villen oder Siedlungen sind: Ihnen allen ist eingebaut, dass man sich durch sie mit der Zeit der NS-Diktatur auseinander­setzen kann.




Für die geplanten Monumental­bauten wird viel Material gebraucht. Nach der Eroberung Frank­reichs kann auch dort danach gesucht werden. Im September 1940 macht der SS-Ober­führer und Geologe Blum­berg eine Stelle am West­hang des Mont Louise im annek­tierten Elsass ausfindig, an der sich eine Ader mit seltenem roten Granit befindet.

Albert Speer ordnet die Einrichtung eines Konzen­trations­lagers samt Stein­bruch an. Es soll in 800 Meter Höhe am Nord­abhang des Mont Louise für 4.000 Gefangene errichtet werden.

Die ersten Häft­linge treffen ein. Sie bauen das Lager auf, planieren Straßen und errichten Gebäude für die SS.


Die Arbeit ist extrem hart, weil alles von Hand gegraben, geschleppt und gestemmt werden muss. Dazu kommen eine steile Hang­lange und die extremen Wetter­bedingungen in den Bergen.

Aber entkommen? Nahezu unmöglich.


Josef Kramer, ab Februar 1942 als kommissarischer Kommandant in Natz­weiler tätig, steigt im Oktober 1942 zum Lager­kommandanten auf.


Unter Kramers Kommandantur wird eine Gas­kammer für Menschen­versuche der Forschungs­gemeinschaft ‹Deutsches Ahnen­erbe› gebaut, deren Fertig­stellung er am 12. April 1943 meldet.


Im August 1943 vergast Kremer 86 aus dem KZ Auschwitz über­stellte Gefangene, um die ‹Schädel- und Skelett­sammlung› des Anatomie­professors August Hirt an der Reichs­universität Straßburg zu vervoll­ständigen. Kramer leitet die Mord­aktion und sieht den Opfern beim Todes­kampf zu.


Wie in fast allen Konzentrations­lagern werden grau­same Menschen­versuche durch SS-Ärzte an den Gefangenen durch­geführt. Zum Beispiel werden Typhus­erreger gespritzt und Expe­rimente mit dem Kampf­stoff Senf­gas durchgeführt.

Ab Oktober 1943 gibt es eine Krematoriums­baracke. Über einen Aufzug können Leichen direkt aus dem Keller in den Verbrennungs­raum transportiert werden.

1943 ist der Abbau von Granit nur noch ein Straf­kommando oder die ‹Begrüßung› für Neu­ankömm­linge. Im Stein­bruch werden Hangars zur Reparatur von Flugzeug­motoren gebaut. 

1944 entwickelt das Lager Natz­weiler immer mehr Außen­lager auf bei­den Rhein­seiten. Sie ent­stehen direkt an den Stand­orten der Kriegs­industrie. Die Häft­linge, die dort arbeiten, werden zwar im Haupt­lager registriert und verwaltet. Die Außen­lager sind jedoch weit von Natz­weiler entfernt. Die meisten Häft­linge werden niemals dort sein, sondern immer in den Außen­lagern bleiben.

Anfang September 1944 räumt die SS das Haupt­lager. Die Häft­linge sollen den alliier­ten Truppen nicht in die Hände fallen. 


Die Allierten besetzen am 23. November 1944 das leere KZ. Auf der anderen Rhein­seite werden gleich­zeitig neue Lager eingerichtet.


Josef Kramer wird mit Fuß­fesseln am 17. April 1945 durch das KZ Bergen-Belsen geführt. Noch im selben Jahr wird er im Gefängnis in Hameln erhängt. Zu seiner Verteidigung gab er an, er habe nichts anderes gelernt, als so zu handeln.

3. ZER­STÖ­RUNG DER SOWJET­UNION

Am 22. Juni 1941 eröffnet das Deutsche Reich auf breiter Front zwischen der Ost­see und den Kar­paten den Krieg gegen die über­raschte Sowjet­union. Anfangs sind die Deutschen mit der Über­rumplungs­taktik erfolg­reich.
Nach dem deutschen Angriff auf die Sowjet­union meldet der englische Premier­minister Churchill noch am selben Tag: «Wir haben nur ein Ziel, eine einzige unwider­rufliche Aufgabe. Wir sind ent­schlossen, Hitler und jede Spur des Nazi­regimes zu vernichten. Davon wird uns nichts abbringen – nichts.» Das bekräftigt kurz darauf auch der Präsi­dent der Vereinigten Staaten, Franklin D. Roose­velt.

Ende Juli 1941 sieht Moskau nach den ersten deutschen Luft­angriffen wie eine Stadt an der Front aus. Die Rote Armee ist mit ihren Gegen­angriffen so erfolg­reich, dass sich die deutschen Truppen zum ersten Mal im Zweiten Welt­krieg zurück­ziehen müssen.

Die Schlacht um Stalin­grad beginnt im Juli 1942 und endet im Januar 1943 mit dem Sieg der Roten Armee. Die Nieder­lage der deutschen Wehr­macht bedeutet die Wende im Zweiten Welt­krieg.


Albert Speer ist seit Anfang 1942 auch Rüstungs­minister. Es gelingt ihm, 1943/44 die Rüstungs­produktion trotz zunehmender alliierter Bomben­angriffe zu steigern. Dies geschieht durch enge Zusammen­arbeit mit der Industrie einer­seits und der SS anderer­seits. Kriegs­wichtige Fabriken werden unter die Erde in Höhlen, Stollen und Tunnel verlegt.


Hunderte von Maschinen finden in den unter­irdischen Betrieben Platz. Kein Alarm, keine Bombe kann hier die Arbeit stören.

Nach ihrer Landung in der Normandie am 6. Juni 1944 rücken alliierte Truppen Richtung Ost­frankreich.


Die Lage verschärft sich durch Bomben­angriffe, Nach­schub­mangel und wachsendes Chaos. Doch bis März wird alles getan, um nicht aufzugeben.


Ende März bis Mitte April werden die Häft­linge aus den Natzweiler-Außen­lagern in Richtung Dachau auf einen Marsch geschickt, der aufgrund seiner Grausam­keiten und der vielen Opfer ein Todes­marsch ist. Viele sterben unter­wegs, andere erreichen Dachau oder seine Außen­lager. Ein Teil wird noch in Rich­tung Alpen getrieben. Erst Anfang Mai werden alle Gefangenen befreit – oder sind bereits tot.

End­lich frei! Jugend­liche und erwachsene Häft­linge am 29. April 1945 nach der Befreiung des Konzentrations­lagers Dachau.

Zur gleichen Zeit: befreite Häft­linge in Auschwitz-Birkenau.

Über­lebende Kinder in Auschwitz.

Häft­linge, die selbst völlig erschöpft sind, tragen die Toten in Decken aus den Baracken, um sie im Freien für die Bestattung ab­zulegen.

Ein sowjetischer Kriegs­gefangener identifiziert seinen Peiniger.

1945 liegt Deutsch­land in Schutt und Asche. Bei den Luft­angriffen im Zweiten Welt­krieg sind viele Stadt­viertel fast völlig zerstört worden und die Innen­städte nur noch Ruinen­felder.

Mehr als ein Drittel der Be­völkerung lebt in Not­unter­künften. Trümmer müssen beseitigt und Städte wieder auf­gebaut werden.





Über das Wie beim Wieder­aufbau wird diskutiert und gestritten, denn die Art, wie Menschen bauen, zeugt nicht zu­letzt von ihrer emotio­nalen Bedürftig­keit, ihrer Sehn­sucht nach Her­kunft und nach Zukunft. Und die Gefühle, Ideale und Hoffnungen sind nicht plötz­lich bei allen gleich, nur weil der Krieg vorbei ist.
Und während laut darüber gestritten wird, wie man künftig leben und arbeiten will, gibt es an anderer Stelle eine stille Über­einkunft: Es wird an vielen Orten über die dunkle Vergangen­heit lange geschwiegen. Mal sind es ‹nur› 15 Jahre wie in Natzweiler-Struthof oder 20 Jahre wie in Dachau. An vielen anderen Orten vergehen jedoch bis zu 40 Jahre, bis sich die ersten Menschen dafür ein­setzen, dass ehe­malige Lager zu Orten der Erinnerung werden.
1945–55 / Erste Erinnerungs­zeichen sind oft Fried­höfe – aus KZ-Massen­gräbern werden würdige Grab­anlagen, vor allem in der französischen Besatzungs­zone und in Schöm­berg, Schör­zingen, Bisingen, Hail­fingen, Spai­chingen und Has­lach.


1960 / Der französische Präsident Charles de Gaulle weiht in Natzweiler-Struthof das Denkmal ‹Für die Märtyrer und Helden der Deportation› ein.

Das 40 Meter hohe und aus dem Tal sichtbare Mahn­mal zeigt eine Flamme und die ab­gemagerte Sil­houette eines Deportierten.
1989 / Die Gedenk­stätte Ecker­wald beim ehe­maligen KZ-Komplex ‹Wüste› ist die erste in Baden-Württemberg.
1998 / Erste KZ-Gedenkstätte Neckarelz
2003 verteidigt der französische Historiker Robert Steeg­mann an der Universität Straß­burg seine grund­legende Doktor­arbeit über das Konzen­tra­tions­lager Natz­weiler und seine Außen­lager. Sie erscheint 2005 als Buch: «Struthof, le KL-Natzweiler et ses kommandos. Une nébuleuse concentrationnaire des deux côtés du Rhin, 1941–1945». Damit wird in Frank­reich die Basis dafür geschaffen, den Gesamt­komplex ‹Natzweiler› wieder in den Blick zu nehmen.

Die neu konzipierte staatliche Gedenk­stätte und das Centre Européen du Résistant Déporté werden am Ort des ehe­maligen Haupt­lagers in der franzö­sischen Gemeinde Natzwiller‍‌ eingeweiht. In der Aus­stellung zur Lager­geschichte werden erstmals die Außen­lager dar­gestellt.
2007 / Lernort am KZ-Friedhof Schömberg

2011 wird die Arbeit von Robert Steegmann in deutscher Fassung veröffentlicht: «Das Konzentrations­lager Natzweiler-Struthof und seine Außen­kommandos an Rhein und Neckar 1941–1945»

2014/2015 / Das erste grenz­überschreitende deutsch-französische Projekt

Die Wander-Ausstellung ‹Bientôt la liberté nous reviendra / Freiheit, so nah, so fern – Das doppelte Ende des Konzentrations­lagers Natzweiler / La double fin du camp de concentration de Natzweiler› wird an über 40 Orten auf beiden Rhein­seiten gezeigt.


2016 / Gedenk­stätte am Ort des Außen­lagers Wesserling/Urbès

Gemeinsame deutsch-französische Bewerbung des Centre Européen du Résistant Déporté und der baden-württembergischen Außen­lager-Gedenk­stätten für das euro­päische Kultur­erbe-Siegel.

Gründung des ‹Verbun­des der Gedenk­stätten im ehe­maligen KZ-Komplex Natzweiler›, der derzeit zwölf Gedenk­stätten an Orten ehe­maliger Außen­lager in Baden-Württemberg und eine in Hessen umfasst.
2016/2017 / Gründung des Vereins ‹Initiative KZ-Gedenken Spaichingen

Die deutsch-französische Bewerbung um das europäische Kulturerbe-Siegel nimmt die Hürde der jeweiligen nationalen Ebenen und gelangt auf die europäische Ebene.
2018 / Eine unabhängige Jury empfiehlt der Europäischen Kommission die Eintragung der Stätte ‹Ehemaliges Konzentrations­lager Natzweiler und Außen­lager› in die Liste des europä­ischen Kultur­erbes. Dies geschieht auf­grund der grenz­überschreitenden Erinnerungs­kultur und der Ver­mittlung zentraler europä­ischer Werte in den Gedenk­stätten: Menschen­rechte, Demo­kratie und Toleranz.

Die Denkmal­pflege in Baden-Württemberg wählt das Thema ‹Gedenk­stätten der Außen­lager von Natz­weiler› zum Landes­thema im Rahmen des Europäischen Kulturerbe-Jahres.
1930
1933
1935
1936
1938
1939
1940
1941
1943
1944
1945
 
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ERNEN­NUNG ZUM REICHS­KANZ­LER
HITLERS ZIELE
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FA­SCHIS­TI­SCHE ARCHI­TEK­TUR
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UAG der VDL-Arbeitsgruppe Öffentlichkeitsarbeit
Dr. Katrin Bek, Dr. Irene Plein, Christiane Schick, Heike Schwalm

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Anke M. Leitzgen für tinkerbrain. Institut für Bildungsinititiativen GmbH

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Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege
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Landesamt für Denkmalpflege Hessen
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