Müssen Denkmäler immer schön und sehr alt sein? Sind Eigentümer froh oder enttäuscht, wenn ihr Haus zum Denkmal wird? Diese und andere Fragen hat der Denkmalpfleger Dr. Ulrich Knufinke vom Niedersächsischen Amt für Denkmalpflege beantwortet.
#DENKMALPFLEGE
WIE WIRD EIN DENKMAL EIN DENKMAL?
Als Beispiel dient die Klavierfabrik Grotrian-Steinweg, die noch kein Denkmal ist. Im Hintergrund: eine Bauzeichnung des Architekten Walter Henn. Für die ganze Story bitte den Ton einschalten und nach unten scrollen.
Warum arbeiten Sie in der Denkmalpflege, Herr Dr. Knufinke?
«Ich hatte persönlich einen recht langen Weg zur Denkmalpflege. Ich habe Architektur studiert. Ich habe sehr lange an der Universität gearbeitet, geforscht in der Bau- und Architekturgeschichte, mich aber von Anfang an für das Suchen nach verborgenen Schätzen interessiert. Das war mein Anspruch oder mein Thema. Und wenn man so Architekturgeschichte betreibt und sich nicht mit den Objekten beschäftigt, die sowieso schon jeder kennt, dann kommt man sehr schnell in den Bereich der Denkmalpflege. Und so bin ich dann hier gelandet und fühle mich gerade in dem Thema der Denkmal-Inventarisation* sehr wohl, weil das meinen Interessen nach Neugier befriedigen und Neues finden total entgegenkommt. Und es ist ein sehr, sehr kommunikativer Beruf. Man muss mit Eigentümern, mit Verwaltung und mit dem Menschen auf der Straße immer im guten Kontakt bleiben, damit auch das, was wir hier treiben, auch wirklich diese Resonanz hat. So ein Amt kann die Denkmal-Landschaft nicht erhalten, wir können nur darauf hinarbeiten, dass die Gesellschaft sich darum kümmert. Und da mitzuwirken, das macht Spaß.»
*Mit Inventarisation ist die Bestandsaufnahme von Objekten anhand bestimmter Merkmale gemeint. Die Objekte sind in diesem Fall die Bauwerke, die auf ihren Denkmalwert geprüft werden.
Welche Voraussetzung muss ein Denkmal unbedingt mitbringen?
Fünf Denkmal-Bedingungen
● geschichtliche, wissenschaftliche, künstlerische und/oder städtebauliche Bedeutung
● öffentliches Erhaltungsinteresse
● kein Nachbau und möglichst unverändert
● erhaltene Funktion oder Gestaltung, die für eine bestimmte Zeit beispielhaft ist
● es erzählt etwas von den Menschen aus seiner Zeit
● öffentliches Erhaltungsinteresse
● kein Nachbau und möglichst unverändert
● erhaltene Funktion oder Gestaltung, die für eine bestimmte Zeit beispielhaft ist
● es erzählt etwas von den Menschen aus seiner Zeit
Welche Fragen ergeben sich daraus, wenn man ein Objekt anschaut?
Fragen an ein mögliches Denkmal
● Hat es eine geschichtliche Bedeutung?
● Hat es eine wissenschaftliche Bedeutung?
● Ist es für die Industriegeschichte interessant?
● Hat es besondere Gestaltungswerte? Ist es ein künstlerischer Wert?
● Steht es städtebaulich in einem besonderen Zusammenhang?
● Wie sieht das Objekt im Vergleich zu zeitgenössischen anderen Objekten aus?
● Ist es authentisch? Sprich: Zeigt es Merkmale, die für diese Zeit typisch sind?
● Hat es eine wissenschaftliche Bedeutung?
● Ist es für die Industriegeschichte interessant?
● Hat es besondere Gestaltungswerte? Ist es ein künstlerischer Wert?
● Steht es städtebaulich in einem besonderen Zusammenhang?
● Wie sieht das Objekt im Vergleich zu zeitgenössischen anderen Objekten aus?
● Ist es authentisch? Sprich: Zeigt es Merkmale, die für diese Zeit typisch sind?
Müssen Denkmäler immer schön aussehen?
Nein, denn ...
● gerade bei der Industriearchitektur spielt Schönheit keine Rolle.
● Denkmalpflege betrachtet immer das Innere und das Äußere.
● das Verhältnis von Hülle und innerem Funktionsablauf muss stimmen.
● es geht darum, ob uns das Objekt Werte und Informationen vermitteln kann.
● Denkmalpflege betrachtet immer das Innere und das Äußere.
● das Verhältnis von Hülle und innerem Funktionsablauf muss stimmen.
● es geht darum, ob uns das Objekt Werte und Informationen vermitteln kann.
Gibt es auch jüngere Industriebauten, die schon ein Denkmal sind?
Ja. Es sind aber noch relativ wenige, weil ...
● die Epoche der 60er-, 70er- Jahre noch gar nicht so lang her ist.
● es eine ungeheure Anzahl von Objekten gibt, die durchforstet werden muss.
● es eine ungeheure Anzahl von Objekten gibt, die durchforstet werden muss.
Ist es stressig, diese ganzen Entscheidungen zu treffen?
Ja, aber der Stress ist angenehm, denn ...
● wir sind neugierig und bearbeiten, was bislang noch keiner als Denkmal wahrgenommen hat.
● wir treffen eine Auswahl. Es ist nicht möglich, alle hunderttausend Objekte zu betrachten.
● wir setzen uns bestimmte Themen wie etwa Industriearchitektur, Kirchen, öffentliche Bauten, Schulen, die man nach und nach bearbeiten kann.
● wir treffen eine Auswahl. Es ist nicht möglich, alle hunderttausend Objekte zu betrachten.
● wir setzen uns bestimmte Themen wie etwa Industriearchitektur, Kirchen, öffentliche Bauten, Schulen, die man nach und nach bearbeiten kann.
Sind Sie als Denkmalpfleger (auch) ein Schatzsucher?
Absolut, denn ...
... Bürgerinnen und Bürger kommen auf uns zu und sagen: Könnte dieses Objekt einen Denkmalwert haben? Dann geht die Schatzsuche los. Dazu gehört zum Beispiel:
● Archive zu durchforsten
● mit Zeitzeugen zu sprechen
● mit Kolleginnen und Kollegen zu diskutieren
● Archive zu durchforsten
● mit Zeitzeugen zu sprechen
● mit Kolleginnen und Kollegen zu diskutieren
Freuen sich die Besitzer, wenn ihr Objekt ein Denkmal wird?
Ja, viele freuen sich.
● Manche Eigentümerinnen und Eigentümer haben auch Angst, dass sie dadurch eingeschränkt werden.
● Eine positive Einstellung ist jedoch wichtig, denn Denkmalpflege funktioniert langfristig nur dann, wenn wir eine Lobby in einer interessierten Öffentlichkeit haben, die sich für ein Objekt einsetzt.
● Eine positive Einstellung ist jedoch wichtig, denn Denkmalpflege funktioniert langfristig nur dann, wenn wir eine Lobby in einer interessierten Öffentlichkeit haben, die sich für ein Objekt einsetzt.
Sind Eigentümer enttäuscht, wenn ein Gebäude kein Denkmal wird?
Das ist natürlich möglich.
Typische Gründe, die gegen eine Denkmal-Werdung sprechen, sind
● Änderungen am Objekt und
● Umbauten
● Änderungen am Objekt und
● Umbauten
Wie schnell wird ein Denkmal ein Denkmal?
Der Prozess ist umfangreich.
Gefahr in Verzug wegen Abriss kann ihn beschleunigen.
● In der Regel wird jedoch viel Zeit für Hintergrundforschungen benötigt. Zum Beispiel zu den Fragen: Welche Informationen gibt es über das Objekt? Welche Vergleiche finden wir zu diesem Objekt?
● Da es aus den 60er- und 70er-Jahren besonders viele Objekte gibt, dauert die Recherche auch besonders lange.
● In der Regel wird jedoch viel Zeit für Hintergrundforschungen benötigt. Zum Beispiel zu den Fragen: Welche Informationen gibt es über das Objekt? Welche Vergleiche finden wir zu diesem Objekt?
● Da es aus den 60er- und 70er-Jahren besonders viele Objekte gibt, dauert die Recherche auch besonders lange.
Wie langsam ist langsam in diesem Prozess?
Das kommt darauf an.
● Es kann Jahre dauern, in der Regel aber nicht.
● Der Prozess ist gesetzlich geregelt.
● Die Entscheidungen müssen den Bürgern und Bürgerinnen verständlich gemacht werden.
● Der Prozess ist gesetzlich geregelt.
● Die Entscheidungen müssen den Bürgern und Bürgerinnen verständlich gemacht werden.
Lohnt es sich, ein Gebäude in einem möglichst originalem Zustand zu erhalten, auch wenn es kein Denkmal ist?
«Es ist immer gut, wenn Objekte in einem möglichst originalem Zustand erhalten bleiben. Und wenn sich Menschen für ihre gebaute Umwelt engagieren. Das gilt aber nicht nur für Erhaltung, sondern allgemein für die Gestaltung unserer Umwelt.»
